Chirurgische Therapie von Tumoren am Übergang von der Speiseröhre zum Magen


Liegen die Tumore sehr weit am oberen Ende des Magens, spricht man von sog. Übergangskarzinomen oder genauer von Tumoren des gastroösophagealen Übergangs.

Diese Tumore entstehen entweder aus entarteten Zellen der Magenschleimhaut oder können auch direkt in der unteren Speiseröhre wachsen. In den westlichen Industrieländern sind ist diese Tumorform derzeit an Häufigkeit stark zunehmend. Dagegen sind interessanterweise Tumore des gastroösophagealen Übergangs in asiatischen Ländern äußerst selten. In Deutschland liegt die Neuerkrankungshäufigkeit bei Männern pro Jahr bei 6 pro 100.000 und bei Frauen bei 5 pro 100.000. Wie beim Magenkarzinom sind die Ursachen vielschichtig. Allerdings spielen Übergewicht, saurer Reflux sowie Alkohol eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Tumoren des gastroösophagealen Übergangs. Wie beim Magenkarzinom sind diese Tumore bösartig und bedürfen dringender Behandlung.

Symptome
Während die Symptome beim Magenkarzinom oft erst spät auftreten und eher uncharakteristisch sind, verursachen Tumore des gastroösophagealen Übergangs oft ein Problem der Nahrungspassage (Dysphagie). Zwar deutet nicht automatisch jedes Passageproblem das Vorliegen eines Tumors des gastroösophagealen Übergangs hin, allerdings sollten Passageprobleme stets durch diagnostische Maßnahmen wie eine Spiegelung abgeklärt werden. Bei verdächtigen Befunden im Bereich der Speiseröhre und des Magens sollte selbstverständlich eine Gewebeprobe entnommen werden. Einen weiteren wichtigen Diagnoseschritt stellt eine Computertomographie des gesamten Brust- und Bauchraumes dar. Seit einigen Jahren hat sich auch die Durchführung einer Ultraschalluntersuchung der Speiseröhrenwand, die sog. Endosonographie als sehr sinnvoll für die Stadieneinteilung von Tumoren vor einer Chemotherapie oder auch einer operativen Therapie bewährt.

Bedeutung der Tumorlokalisation

Wie der Name sagt, sitzen Tumore des gastroösophagealen Übergangs unmittelbar an der Schnittstelle zwischen Speiseröhre und Magen. Die exakte Grenzlinie zwischen Magen und Speiseröhre ist dabei nur schwer zu finden. Als Grenzzohne zwischen Magen und Speiseröhre gilt die sogenannte Kardia. Die Grenzlinie bzw. Lokalisation der Kardia wird vom Gastroenterologen im Rahmen einer Magenspiegelung anders definiert als vom Pathologen. Der Gastroenterologe definiert die Kardia als die Stelle, an dem die längs verlaufenden Magenfalten enden. Der Pathologe hingegen bezeichnet als Kardia die Stelle, an der das Epithel des Magens an das Epithel der Speiseröhre grenzt. Tatsächlich imponieren diese farblich und besonders im feingeweblichen Aufbau vollkommen unterschiedlich. Mit dem bloßen Auge erkennt man hier eine gezackte Linie, die sog. Z-Linie. Diese Z-Linie ist wichtig, um die Tumore im Bereich des gastroösophagealen Übergangs klassifizieren zu können. Die Klassifizierung ist für den Chirurgen wichtig, um eine entsprechende Operationsplanung durchführen zu können.

Die Tumore werden letztlich als sog. Typ 1-, Typ 2- oder Typ 3-Tumore definiert. Als Typ 1-Tumore werden die definiert, die im unteren Bereich der Speiseröhre liegen und zwei cm oberhalb der Z-Linie beginnen. Typ 2-Tumore wurden früher als die eigentlichen Kardia-Tumore definiert. Sie beginnen einen cm unterhalb der Z-Linie und reichen bis zwei Zentimeter darüber. Als Typ 3-Tumore werden die sog. subkardialen Tumore definiert, die häufig in den oberen Teil des Magens, den sog. Magenfundus hineinstrahlen.
 
Chirurgische Therapie-Prinzipien bei Tumoren des gastroösophagealen Übergangs

Wie beim eigentlichen Magenkarzinom gilt auch bei den Tumoren des gastroösophagealen Übergangs, dass eine möglichst komplette chirurgische Resektion des Primärtumors sowie der drainierenden Lymphknoten erfolgen sollte. Aus diesem Grunde ist die Tumorlokalisation und die sich daraus ableitende Wahrscheinlichkeit der möglicherweise befallenen Lymphknoten von immenser Bedeutung. Eine orientierende Darstellung, ob es sich um einen Typ-1, -2, oder –3 Tumor handelt ist in Abbildung 1 wiedergegeben.

Abbildung 1

 

Vorgehen bei Typ-1 Tumoren
So konnte gezeigt werden, dass sog. Typ-1 Tumore, auch Absiedlungen in Lymphknoten haben können, die im mittleren Brustraum (Thorax) lokalisiert sind. Natürlich können bei diesem Typ auch tumornahe Lymphnoten im Bauchraum sowie im unteren Brustraum befallen sein. Um einen solchen Tumor vollständig entfernen zu können, reicht eine Operation des Bauchraumes alleine nicht aus. Auch die Entfernung der im Brustraum lokalisierten Lymphnoten „von unten“ ist ungenügend, sodass in der Regel auch der Brustraum mitoperiert werden muss. Hierbei wird dann zudem die Speiseröhre weitgehend entfernt. Andererseits sind nur in Ausnahmefällen Anteile des Magens tumorbefallen, sodass dieser zur Deckung des Speiseröhrendefektes in den Brustraum verlagert werden kann. Dieser Eingriff wird als abdomino-thorakale Ösophagusresektion bezeichnet. Um den Restmagen in den Brustraum verlagern zu können, muss zunächst der Magen – wie in Abbildung 2 dargestellt – schlauchförmig umgestaltet werden. Hierfür verwendet man spezielle Klammernahtgeräte.

Abbildung 2

 

In Abbildung 3 (s.u.) sehen Sie das fertige Endergebnis nach Magenhochzug. 


Vorgehen bei Typ 2- und Typ 3-Tumoren
Diese beiden Tumortypen liegen etwas tiefer als die Typ-1 Tumor. Also etwa im Bereich der Z-Linie (Typ-2) oder im oberen Magenbereich (Typ-3). Im ungünstigsten Fall weisen diese Tumore neben einem Lymphknotenbefall im Bauchraum einen weiteren Befall im unteren Brustraum auf. Üblicherweise wird bei diesen Tumoren eine Magenresektion sowie eine Resektion der Lymphknoten im unteren Brustraum mit einer Manschette der unteren Speiseröhre durchgeführt. Diese Operationsform wird auch „transhiatale Gastrektomie“ genannt. Da in der Regel ein Großteil der Speiseröhre belassen werden kann und der Magen komplett entfernt wird, erfolgt die Wiederherstellung der Passage durch eine hochgezogene Dünndarmschlinge, die mit der Speiseröhre verbunden wird. Der Zwölffingerdarm wird hierbei zu einer Seite hin verschlossen, so dass das hier austretende Sekret in die zur Speiseröhre hochgezogene Dünndarmschlinge drainiert. Die Folgen dieser bei Typ 2- und Typ 3-Tumoren durchgeführten Operationen entsprechen in der Regel denen einer kompletten Magenentfernung. Die ebenfalls hierbei auftretenden Probleme beim Essen bzw. die hierbei notwendigen Substitutionstherapien können Sie auf www.kein-magen.de im Bereich „Essen&Trinken“ einsehen.

Sonderform limitierte Magenresektionen

Bei allen drei Tumor-Typen des gastroösophagealen Übergangs gibt es Frühformen, bei denen das Vorliegen von Lympknotenmetastasen unwahrscheinlich ist. In der Regel sind dies Tumore, die auf die eigentliche Schleimhaut der Speiseröhre oder auch des Magens beschränkt sind. Nachdem man jahrelang davon ausgegangen war, dass auch bei diesen Frühformen nur eine ausgedehnte und radikale Tumoroperation mit Magenentfernung das Überleben der Patienten sichert, weiß man seit einiger Zeit, dass hier auch eine sog. „limitierte Resektion“ von unterer Speiseröhre und oberem Magenanteil erfolgen kann Eigennahme: Merendino Operation nach einem amerikanischen Chirurgen). Dabei entsteht ein Defekt, der am sichersten und funktionellsten mit einem hochgezogenen Dünndarmsegment überbrückt werden kann. In jedem Fall ist es als Vorteil einer solchen limitierten Resektion anzusehen, dass ein Großteil des Magenreservoirs belassen werden kann. In vielen Fällen kann auch der die Magenentleerung regulierende Vagusnerv intakt bleiben.

Abbildung 4

Zur Wiederherstellung der Nahrungspassage wird eine ca. 10 bis max. 15 cm lange Dünndarmschlinge zur Defektdeckung in den Oberbauch verlagert. Diese Operation ist technisch anspruchsvoll, da einerseits die Durchblutung der Dünndarmschlinge erhalten werden muss, andererseits die erhaltenen Blutgefäße nicht die Mobilität der Dünndarmschlinge beeinträchtigen dürfen. In der Regel wird dies durch eine asymmetrische Gefäßstielung erreicht. Die Dünndarmschlinge wird dann mit dem Unterrand der verbliebenen Speiseröhre sowie mit dem Magen verbunden. Die so operierten Patienten haben eine exzellente Lebensqualität. In jedem Fall ist die Lebensqualität höher sowie der Gewichtsverlust geringer als nach kompletter Magenentfernung. Bedingt durch die Tatsache, dass diese Operation nur bei Tumorfrühstadien durchgeführt wird, ist die Lebenserwartung der limitierten Operationen nicht oder nur unwesentlich geringer als bei nicht erkrankter Vergleichsbevölkerung.

Verfasser:

Prof. Dr. Ulrich Bolder, Chirurg, Dortmund
 

 

23. November '24
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