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Histologie des Magenkrebses

 

TNM-Klassifikation
Unter dem Lichtmikroskop wird das Gewebe vom Pathologen bei 16 bis 400facher Vergrößerung begutachtet und über die Ergebnisse der Untersuchung wiederum ein schriftlicher Befund angefertigt. Aus diesem Befund muss hervorgehen, ob die Ränder des Magenpräparates tumorfrei sind.

 Weiterhin muss der Pathologe die sogenannte pTNM-Klassifikation angeben. TNM-Klassifikationen, die von Pathologen erstellt werden, werden definitionsgemäß mit einem „p“ gekennzeichnet.
Die Klassifikation gibt weiterhin Auskunft über den Tumor an sich (T), die Lymphknoten (dabei steht N für das englische lymph node) und eventuell vorhandene Tochtergeschwülste in anderen Organen, also Fernmetastasen (M). Unter dem Mikroskop wird genau ermittelt, wie tief der Tumor in die Magenwand hineinwächst. Das Ergebnis wird dann in der TNM-Klassifikation verschlüsselt. Tumore die lediglich die Schleimhaut, das ist die innerste Schichte des Magens, befallen haben, so genannte Magenfrühkrebse, sind definitionsgemäß T1-Tumore, wogegen lokal weit fortgeschrittene Tumore, die in angrenzende Organe, wie beispielsweise die Bauchspeicheldrüse einwachsen als T4-Tumore bezeichnet werden. T1 ist die niedrigste, T4 die höchste T-Kategorie, die vergeben werden kann.


Um eine Aussage über einen möglichen Lymphknotenbefall treffen zu können, müssen alle Lymphknoten, die bei der Operation entfernt wurden unter dem Mikroskop untersucht werden. Sind sämtliche Lymphknoten tumorfrei wird in der TNM-Klassifikation hierfür ein N0 vergeben. Finden sich Tumorabsiedelungen in Lymphknoten wird, je nach Anzahl der befallenen Lymphknoten ein N1 bis N3 vergeben und die Anzahl der befallenen Lymphknoten im Verhältnis zur Gesamtzahl der untersuchten Lymphknoten in Klammern vermerkt. Im Befund wird weiterhin angegeben, ob sich bei der mikroskopischen Untersuchung Tumoreinbrüche in Blut- oder Lymphgefäße finden. Das Ergebnis kann zusätzlich als V0 oder V1, beziehungsweise L0 oder L1 in der TNM-Klassifikation erwähnt werden. Finden sich Tumoreinbrüche in Lymphgefäße, sind häufig auch schon Absiedelungen in den Lymphknoten zu sehen. Veneneinbrüche können ein Indiz dafür sein, dass möglicherweise schon Tochtergeschwülste in anderen Organen vorliegen oder im Verlauf entstehen.


Eine Aussage darüber, ob schon Tochtergeschwülste in anderen Organen, wie zum Beispiel der Leber vorliegen, kann der Pathologe meist nur in Zusammenarbeit mit dem Kliniker treffen. Liegen keine Fernmetastasen vor, wird in der TNM-Klassifikation M0 angegeben. Falls schon Fernmetastasen vorliegen, wird dies als M1 verschlüsselt.
Aus den Einzelergebnissen des T, N und M lässt sich zusammenfassend ein Tumorstadium von I bis IV ermitteln. Von der TNM-Klassifikation und dem daraus resultierenden Tumorstadium hängt dann die weitere Therapie ab. 

 

WHO-Klassifikation und Grading
Eine weitere wichtige Information, die der Pathologe bei seiner Untersuchung gewinnt ist die feingewebliche Wachstumsform des Magenkrebses. Auch hierfür gibt es eine Klassifikation, die von der World Health Organisation, kurz WHO erarbeitet wurde. Die meisten Krebse – medizinisch Carcinome (griech.) - im Magen entstehen aus der drüsigen Magenschleimhaut und sind dementsprechend „drüsige Krebse“, welche man in der Medizin mit dem Fachbegriff Adenocarcinom (Abb. 3), im Magen meist speziell als tubuläres Adenocarcinom bezeichnet (aden = griech. Drüse, tubulus = lat. Schlauch).

Abb.3: Mittelgradig differenziertes tubuläres Adenocarcinom des Magens. In der rechten Bildhälfte noch Reste vorbestehender, nicht vom Tumor befallener Magenschleimhaut (Hämatoxylin-Eosin, 40x).


Die zweithäufigste Krebsart nach WHO im Magen sind so genannte Siegelringzellcarcinome (Abb. 4 und 5). Ihr ungewöhnlicher Name rührt daher, dass diese Tumore in den Zellleibern Schleim enthalten, wodurch die Zellkerne an den Rand des Zellleibes gedrückt werden, was den Zellen den typischen Siegelring-Aspekt verleiht. Siegelringzellcarcinome wachsen typischerweise einzelzellig, sind zur Umgebung oft schlecht abgrenzbar und werden meist makroskopisch als Borrmann-Typ IV bezeichnet. Neben diesen beiden häufigsten histologischen Typen gibt es auch Mischformen sowie eine ganze Reihe weiterer, seltenerer Formen.


Zusätzlich zur WHO-Klassifikation muss der Pathologe eine Graduierung der Tumordifferenzierung, ein so genanntes Grading angeben. Je nachdem, wie sehr der Tumor noch der normalen Magenschleimhaut ähnelt spricht man dabei von einem gut, mittelgradig oder schlecht differenzierten Tumor und fügt hierfür in der TNM-Klassifikation ein G1, G2 oder G3 an. Siegelringzellcarcinome sind aufgrund ihres einzelzelligen diffusen Wachstums definitionsgemäß G3-Tumore.

Abb.4: Infiltration der Magenschleimhaut durch ein Siegelringzellcarcinom. Oben im Bild noch Anteile normaler Magenschleimhaut (Hämatoxylin-Eosin, 100x).

 

Abb.5: Zellen eines Siegelringzellcarcinoms, davon einzelne mit dem typischen Siegelringaspekt, der durch an den Rand des Zellleibes gedrückte Zellkerne entsteht (Hämatoxylin-Eosin, 400x).

 

Laurén-Klassifikation
Neben der TNM-Klassifikation und der WHO-Klassifikation muss der Pathologe zusätzlich die Klassifikation nach Laurén [3] angeben. Die Laurén-Klassifikation gibt Auskunft über das mikroskopische Wachstumsverhalten des Tumors und unterscheidet in einen diffusen Typ und einen sogenannten intestinalen Typ. Tumore die einzelzellig wachsen, wie das Siegelringzellcarcinom werden als diffuser Typ nach Laurén bezeichnet, wogegen Tumore, die im Verband wachsen, mit erkennbarem Zusammenhalt der Zellen untereinander als intestinaler Typ bezeichnet werden. Als Anhaltspunkt kann gelten, dass Tumore vom diffusen Typ nach Laurén häufig ein ausgedehnteres Wachstum mit unscharfen Grenzen aufweisen, während Tumore vom intestinalen Typ nach Laurén oft besser zur Umgebung abgegrenzt sind.

Sonderform Magenfrühkrebs
Eine Besonderheit im Verdauungstrakt, die nur im Magen vorkommt, ist der Magenfrühkrebs. Können Tumore, die auf die Schleimhaut, also die innerste Wandschicht des Verdauungstraktes begrenzt sind (z.B. im Dickdarm oder in der Speiseröhre) normalerweise noch keine Tochtergeschwülste bilden ist dies im Magen in manchen Fällen schon der Fall, da hier im Gegensatz zu den anderen Lokalisationen innerhalb der Schleimhaut Einbrüche in Lymph- oder Blutgefäße stattfinden können.


Aufgrund der - in vielen Fällen auch therapeutischen - Sonderstellung des Magenfrühkrebses gibt es hierfür eine weitere Klassifikation, die der Pathologe im Befund erwähnen sollte. Die japanische Klassifikation des Magenfrühkrebses [4] unterscheidet, ähnlich wie die Borrmann-Klassifikation beim fortgeschritteneren Magenkrebs unterschiedliche makroskopische Wuchsformen. Als grober Anhaltspunkt kann wiederum gelten, dass Tumore, die aus dem Niveau der Schleimhaut herausragen meist auch besser differenziert und besser zur Umgebung abgegrenzt sind als eingesunkene Tumore.


Liegt beim Magenfrühkrebs eine so genannte low risk Situation (Situation mit geringem Risiko) vor, kann dem Patienten die Operation eventuell erspart bleiben. Die low risk-Situation setzt voraus, dass histologisch keine Einbrüche in Blut- oder Lymphgefäße vorliegen, der Tumor gut oder mittelgradig differenziert ist und er lokal noch nicht weiter als bis zu einer bestimmten Tiefe in die Magenwand eingewachsen ist. Wie im Kapitel „Diagnostik“ beschrieben wird derzeit diskutiert, bis zu welcher Eindringtiefe auf eine Operation verzichtet werden kann und das Tumorgewebe endoskopisch, in Form einer Schleimhautresektion entfernt werden kann. Ohne auf die Details dieser Diskussion einzugehen kann sicher gesagt werden, dass die endoskopische Therapie nur für T1 Tumore diskutiert werden kann.

 

Verfasser:
Dr. med. Corinna Vogel
Institut für Pathologie, Universität Regensburg


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